Montag, September 4

Ein Wochenende in der Schweiz und der Flug zurück, 04.09.06

Lohnt es sich für ein Wochenende 36 Stunden auf Reise zu sein? Antwort: Ja, ja, ja, ja, ja! Jede einzelne Minute war es wert, das Schlangestehen, die Security Checks, das Chaos beim Terminaltransfer etc. Dreieinhalb Wochen im Dreck, Gestank und Lärm war für mich das absolut erträgliche Maximum, zudem wollte ich endlich meinen Husten auskurieren. Was ich mir allerdings nicht so hart vorgestellt habe, ist die Rückreise nach Indien. Schlimmer als jeder Zahnarzttermin. Das Kribbeln fängt schon einen Tag früher an. Der Flug: 8 Stunden warten und dann die Gewissheit, dass es weh tun wird (Dreck, Gestank, Chaos, Ineffizienzen an allen Ecken, sinnlose Diskussionen in voller Lautstärke und, und, und). Beim ersten Mal denkt man sich "vielleicht ist's ja doch nicht so schlimm wie mein indienerfahrener Kollege dauernd geschildert hat", aber beim zweiten Mal gibt's keine Hoffnung mehr. Es ist schlimmer als beim Zahnarzt ob der Gewissheit, dass es einem nach dem Besuch auf jeden Fall schlechter gehen wird. Der Flug Zürich - Indien kann wie folgt beschrieben werden: zuerst ein ungutes Gefühl, auf halber Distanz schon richtig unangenehm und wirklich schlimm wird es dann, als ich zum ersten Mal die indische Landkarte am Monitor sehe. Am schlimmsten ist der Countdown, der statt der erhofften Distanz zu Indien dieses einem von Minute zu Minute näherbringt. Das mittlerweile gar nicht mehr so kleine Völkchen von Westlern, die in Indien geschäftlich zu tun hat, ist übrigens ein recht interessantes (meist unteres Kader internationaler Firmen, diesmal ist sogar jemand, der wohl auf Firmenkosten die ganze Familie in der Business Class mitnimmt), und man findet schnell ein Gespräch. Der Diamantenmanager neben mir beschwert sich, dass es dauernd ihn für Indien erwischt und dass er die Schnauze voll hat und endlich die Verlagerung nach China abschliessen will. Er managt ein kleines Team und jede seiner Reisen kostet einen indischen Jahreslohn einer qualifizierten Fachkraft. Als er von der Swiss Flight Attendant gefragt wird, ob er das "Indian Meal" haben will, dreht er fast durch. Eine Ärztin flucht, dass die Location für den Kongress wieder mal das letzte war und wie froh sie ist, dass sie dem Dreck und dem Chaos wieder entfliehen kann (Bemerkung: sie kommt aus Burma:-).
Die Reise klappt aber sehr gut und irgendwie bin ich wieder in einer positiven Grundstimmung. Aber es fangen schon wieder die kleinen Unannehmlichkeiten an, die einem auf Dauer das Leben in Indien unerträglich machen. Im Mumbai bin ich schon wieder unter der Liste "last call for person ...". Ich habe auch diesmal nicht herausgefunden, wie man wissen soll, wann und wo das Boarding ist. Es gibt keine elektronische Anzeige, es ist unglaublich laut, die Ansagen alle 30 Sekunden verstehe ich nicht, und es gibt nur ein Gate namens 1-6. Und da fangen wieder die Ineffizienzen an. Warum nicht 100$ für eine Reparatur der Anzeigetafel ausgeben, wenn man dafür nicht pro Flug von 100 Leuten 30 in Kleinbussen einzeln nachführen müsste? Warum kreisen wir 4 Mal um den Zielflughafen, wo pro Tag 10 Maschinen landen? Ein paar Meilen +/- ist ja egal, aber warum hat nur ein einzigen Mal im Hotel die Meilengutschrift geklappt? Warum müssen wir für morgen statt dem Firmenwagen einen Mietwagen mit Driver organisieren, nur weil ein Partner das als Statussymbol braucht, während in der Schweiz die Partner mit dem Tram zum Kunden fahren? Warum hat beim Check-Out schon wieder nicht der Kreditkartenleser funktioniert und warum braucht es beim Check-Out stets zwei Personen? Warum ist das Hotel für meinen Kollegen schon wieder ausgebucht, aber er kann trotzdem nach endlosen Diskussionen kommen? Ich weiss, solche Fragen darf man sich nicht stellen und ich werde sie in den nächsten zwei Wochen nicht stellen - versprochen ...