Montag, August 21

Wochenende Tag 1: die Absurdität des globalen Tourismus, 19.08.06

Die Aufgabenstellung für dieses Wochenende lautete: "Wie kann man einigermassen sinnvoll 48 Stunden in Pune verbringen?" Im deutschsprachigem Südindienreiseführer sind fast 5 Seiten Pune gewidmet. Im Internet findet man schlicht "Sights in Pune: there is totally nothing to see or do in Puna, it is simply a dusty provincial town". Wo liegt die Wahrheit?
Mein Programm: Auto mit Chauffeur mieten, auf einem Zettel aus dem Führer die Sehenswürdigkeiten aufschreiben und an den Fahrer die Aufforderung "losfahren!". Die Variante "Could you provide me a sightseeing tour" funktioniert nicht - soviel Flexibilität darf man den Fahrern nicht zumuten (Erkenntnis nach den letzten 2 Wochen). Die Tour sieht dann wie folgt aus: im Stau stehen, ein schöner kleiner Park mit einem schönen Landhaus, wo Gandhi viel Zeit verbracht hat. Im Stau stehen. Die schönste Moschee ist wegen Fotoaufnahmen für einen Prospekt in den nächsten Wochen geschlossen. Im Stau stehen. Auf einen Hügel gehen mit einem Kloster und schöner Aussicht auf Pune. Allerdings ist der Hügel nur von Slums umgeben, es stinkt wie auf einer Mülldeponie und ich sehe, dass es in Pune viel mehr Slums gibt als angenommen. Im Stau stehen. In ein altes Fort gehen. Rundherum geschäftiges Treiben und ich mache ein paar schöne Fotos. Im Stau stehen. So weit so gut. Das besondere dabei ist nur, dass ich überall(!) ein paar Touristen antreffe und dies zur totalen Unzeit (Regenzeit!). Die "Sucht" von Touristen, in die entlegendsten Gebiete der Welt sich vorzuwagen und dort Sehenswürdigkeiten abzuhaken, ist wohl unbegrenzt, und die Reiseführer leisten dazu ihren Beitrag. Man muss sich bildlich den Vergleich vorstellen: Ein Inder kommt in die Schweiz, sucht die reformierte Kirche von Uetikon, den Lindenplatz in Altstetten und den Kiosk am Katzensee - dabei steht er zwei Stunden im Stau, zwischen allen Sehenswürdigkeiten stinkt es, er wird von bettelnden Kinder umringt und er zahlt als NRI jeweils das 50fache der Einheimischen-Eintrittsgebühren. Bilanz Tag 1: das Internet hat recht.